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40% CO2-Reduktion funktioniert nur mit konkreten Maßnahmen

Landesverkehrsminister Winfried Hermann zu Gast bei Rottweils Grüne
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Sonja Rajsp, Landesverkehrsminister Winfried Hermann, Kreisvorstandssprecher Hubert Nowack, Martina Braun und - alle Bündnis 90 die Grünen

Landesverkehrsminister Winfried Hermann folgte der Einladung der Grünen Rottweil zum Jahresempfang. Dabei stellte er sein Mobilitätskonzept vor, mit der die angestrebte CO2-Reduktion um 40% im Straßenverkehr realisiert werden könne. Er betonte, dass es dabei nicht um Verbote, sondern um Verbesserung der Lebensqualität ginge.

Die angestrebte 40%ige CO2-Reduktion im Verkehr bis 2030 funktioniere nur mit konkreten Maßnahmen. Zur "Verkehrswende"  gehöre sowohl die Energiewende im Verkehrsbereich, die Antrieb ohne fossile Verbrennung vorsieht, als auch die Mobilitätswende, die andere Verhaltensweisen erfordere. 
Die Entwicklung neuer Technologien sei ein weltweiter Trend, von der sich die Deutsche Industrie zum einen nicht herausnehmen kann, zum anderen auch große Chancen biete. Druck auf die Automobilindustrie mache auch die EU-Verordnung, dass ab 2021 neu zugelassenen PKW maximal 95g/CO2 pro km außstoßen, andernfalls drohen Milliardenstrafen.
Winfried Hermann ist der Auffassung, dass die Brennstoffzellen-Technologie noch weit von der Marktgängigkeit entfernt wäre. Zudem ist zwei- bis dreimal mehr Energie erforderlich. Als realistischere Alternative sehe er den Einsatz synthetischer Kraftstoffe.
Biokraftstoffe - die unter dem Motto "volle Tank, leere Teller" verspottet werden, seien dagegen kein Thema. 

Hier ein Auszug:

1. In 10 Jahren jedes dritte Auto klimaneutral

Jedes dritte Fahrzeug solle bis 2030 klimaneutral betrieben werden. Das Elektro-Auto sei bislang das beste und effizienteste, was derzeit auf dem Markt verfügbar wäre. Dabei müsse die ganze Kette des Verbrauchs angeschaut werden: Dazu ist mehr Strom aus erneuerbarer Energie erforderlich, zudem eine umweltfreundliche Produktionsweise. 
Die Ladeinfrastruktur werde derzeit vom Land Baden-Württembegr massiv vorangetrieben. 

2. Öffentlichen Verkehr deutlich verbessern

Ziel sei die Verdoppelung der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr. Dazu muss die Zuverlässigkeit bei der Deutschen Bahn deutlich verbessert werden. 
Die Hälfte der Störungen, die zu Verspätungen und Zugausfällen führen, seien auf technische Probleme und veralteter Technologie zurückzuführen. Deshalb habe man die Ausschreibung für neue Züge ausgeweitet, damit auch andere "zum Zuge kommen". Das Resultat war dann eher ernüchternd:  Von den 16 bestellten Zügen wurden nur zwei fristgerecht ausgeliefert, weitere zum Teil mit technischen Mängeln.
Um die Menschen vom Auto zur Bahn zu bewegen, müsse mindestens überall Fahrten im Stundentakt geboten werden und die Reise komfortabel sein. Daher würden alle neuen Züge Beinfreiheit, WLAN und Klimatisierung bieten. 
Im ländlichen Raum brauche man bedarfsorientierte Angebote: Häufig gebe es keinen öffentlichen Nahverkehr, sondern lediglich einen Schülerverkehr. Die Anzahl der Autos pro Einwohner seien im Vergleich zur Stadt deutlich höher.
Auch müsse die Größe der Busse den Fahrgastaufkommen angepasst werden. Dazu würden sich schon jetzt technische Möglichkeiten via App anbieten. Der Nahverkehr werde schon jetzt mit jährlich einer Milliarde subventioniert. Jede Fahrpreisreduzierung ginge zu Kosten des Steuerzahlers.
Jetzt gebe es einen neuen Landestarif, der über die Verbundsgrenzen hinweg geht. In Baden-Württemberg gibt es noch 22 Verkehrsverbünde, im Vergleich dazu: In Berlin und Brandenburg zusammen nur einen. Man habe bei einer Überprüfung festgestellt, dass der Preis und die Leistung bei kleinen Verbünden schlechter sind. Attraktive Preise seien allerdings wichtig. Der Nahverkehr unterliege der Hoheit der Kommunen, so könne eine Zusammenlegung zu einem Verbund nicht angeordnet werden. Man hoffe daher auf Kooperationen.
 

3. Ein Drittel weniger Autos in den Städten

Das Angebot für Fußgänger, Radfahrer und Rollstuhlfahrer müsse dafür besser werden - auch um mehr Lebensqualität in der Stadt zu bieten. 

4. 2030 jeden zweiten Weg selbst aktiv machen

ohne Fremdenergie. In der Entwicklung der Menschheit sei der Mensch ein Geher und Läufer gewesen. Die Menschen sollten mehr Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück legen. "Menschen sind unglücklicher, weil sie sich zu wenig bewegen - nur noch bewegt werden", so Winfried Hermann. Das finge schon beim Weg zur Schule an. 
Derzeit seien nur 1,2 Menschen pro Auto unterwegs. Nicht jeder müsse ein eigenes Auto haben. Car-Sharing-Modelle, wie es bereits in einigen Städten gäbe, könnten dahingehend eine gute Lösung sein. 

5. Güter zurück auf die Schiene

Fast drei Viertel unseres Transportes finde auf der Straße statt - Tendenz steigend. Winfried Hermann erinnert sich, dasss in seiner Kindheit noch zwei Drittel der Güter über die Bahn transportiert wurden.
Die Bahn habe jahrzehntelang zu wenig investiert und modernisiert. Wie bereits erwähnt, gingen die Hälfte aller Störungen auf technische Mängel zurück: Ob klemmende Weichen, Signalstörungen: Die Technik stamme teilweise aus den 50er Jahren. Weiterhin wurde über Jahre die Infrastruktur und über 5000 km Schiene abgebaut.
(Anmerkung der Redaktion: Seit 1994 legte die Bahn mehr als 5400 Kilometer Strecke still. Das entspricht rund 16% des gesamten Netzes.)
Viele Unternehmen seien nicht nur vom Schienennetz abgehängt worden; die Nutzung sei schlichtweg zu teuer geworden, da auch für jeden Waggon eine Mautgebühr anfalle. 

Dieses fordere zu Maßnahmen im Schienengüterverkehr als auch auf den Straßen.
Hinsichtlich des Güterverkehrs auf den Autobahnen startet in Baden-Württemberg dieses Jahr ein Projekt, bei dem LKW mit Pantografen ausgestattet werden. Dazu werde die rechte Spur in Teilabschnitten der Autobahn mit einer Oberleitung versehen, damit die LKW elektrisch statt mit fossilen Brennstoffen fahren können.
(Tipp der Redaktion: Siehe Video-Link Siemens eHighway).
Im Vergleich zum Neubau einer Bahnstrecke wäre diese Maßnahme vergleichsweise einfach in vorhandene Strecken zu implementieren.

Die Politik könne nur die Rahmenbedingungen liefern, nicht verordnen. Der Verbraucher müsse durch Nachfrage und Nutzung den Öffentlichen Nahverkehr treiben und die Automobilunternehmen zum Umdenken bewegen. 
Derzeit würden mit der Förderung von Dienstwagen und Dieselfahrzeuge jährlich mehr als 10 Milliarden Euro in alte Mobilitätstechnologien fließen, nur 1 Milliarde in neue Technologien wie Elektro-Mobilität.

Der große Treiber beim Thema Klimaschutz sei neuerdings die Europäische Union. Während sich Deutschland bislang immer auf Druck der Deutschen Automobilindustrie aus den Beschlüssen der EU herausgehalten hätte, wäre eine Neuregelung dem politischen Zufall zu verdanken. Die langandauernde Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017 hätte zu einer halbjährlichen Handlungsunfähigkeit auf dem europäischen Parkett geführt. So hätten sich neue reduzierte CO2-Grenzwerte bei den Kraftfahrzeugen durchgesetzt.

Abschließend stellte Winfried Hermann klar, warum Deutschland Verantwortung übernehmen müsse, obwohl scheinbar nur 2% der CO2-Emmissionen von Deutschland ausginge. Zum einen könne man nicht von armen Ländern Maßnahmen erwarten, wenn Länder, welche die finanziellen Mittel haben, nicht als Beispiel vorangehen; zum anderen produziere Deutschland Autos, die global sehr erfolgreich seien und so global die Probleme erzeugen.

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