Thank you for travelling with Deutsche Bahn und ÖBB

Ein Reisebericht
copyright Rottweil inside

Wir waren mit der Bahn verreist. Ich plane Reisen gerne nach Zugverbindungen - welche Verbindung bringt uns wie wohin, danach buche ich den Rest. So fiel dies Jahr die Wahl auf Krk im Norden Kroatiens. Es gibt einen Nachtzug der ÖBB von Stuttgart nach Rijeka. Dann ist man fast schon dort. Die Rückfahrt sollte tagsüber stattfinden und mehrere Umstiege beinhalten, aber auch eine Übernachtung in Salzburg und etwas Zeit, um einen Eindruck von der Stadt zu bekommen. Ist doch ein guter Plan?

Drei Wochen vor Reiseantritt stornierte die Bahn den Nachtzug, erst nur den Liegewagen, dann die ganze Verbindung wegen „Wartungsarbeiten“. Mir ist unverständlich, wie man ein Angebot erst machen und nach dessen Annahme wieder so nonchalant streichen kann. Von Wartungsarbeiten weiß man vorher schon, und einen Vertrag, den man initiativ eingegangen ist, muss man einhalten, auch wenn das eventuell ungeschickt und für einen selbst mit Mehrkosten oder Mehraufwand verbunden ist. Sehen Zuggesellschaften offenbar anders; es fühlt sich an wie „Scheiß auf Kundschaft, die steht in der Bilanz schließlich nur als Zahl“. Wir könnten unser Geld zurückerhalten, hieß es. Davon gehe ich aus. Das rettet aber nicht die Reise.  Wir hatten Glück und konnten im Auto einer Freundin mitfahren, zwei Tage früher, wir mussten Unterkünfte zubuchen, aber die Reise war gerettet.

Die Zeit auf Krk war wunderbar. Krk ist nur zu empfehlen. Die Insel ist wunderschön und das Meer ist absolut traumhaft, türkisgrün und kristallklar. Taucherbrille ist ein Muss, die Unterwasserwelt ist spektakulär. Vielleicht empfiehlt es sich, zeitnah hinzureisen, wenn man das erleben möchte. Der Klimawandel macht vor den Meeren nicht Halt, die Korallen leiden unter den warmen Temperaturen, und unsere Vermieterin sagte, sie kennen Hitze, aber nicht so ausgeprägt, solange und so ununterbrochen wie dieses Jahr. Wir hatten keine Nacht unter 30 Grad. Es gab eine Klimaanlage - wir haben sie ausgelassen. Was wäre es für ein Irrsinn, in ein heißes Land zu reisen und sich dort indoor runterzukühlen.

Die Rückreise war ein Elend. Bereits in Ljubljana fiel der Zug aus, der uns nach Villach bringen sollte. Es war etwas unklar, wie es weitergehen sollte, die einen sprachen von zwei Stunden Verspätung, die anderen planten bereits auf Flixbus umzusteigen. Manche tranken erstmal ein Bier. Auch keine schlechte Idee. Die Kinder suchten einen Döner und fanden nur Kaugummi. Der Anschluss in Villach wäre nicht zu kriegen, so viel war klar. Dann kam, eineinhalb Stunden später, der Folgezug, proppenvoll und stickig zum Abwinken. In Villach Umsteigen nach Salzburg. Das immerhin klappte, aber die Reservierungen waren obsolet, also nichts mit Vierertisch, sondern Old-style-Sechserabteil. Wir saßen im Abteil mit einer Dame, die uns bis Badgastein sämtliche Probleme der deutschen und österreichischen Politik erörterte. Ich glaube, sie war eine derer, die selbst „wach“ ist, während die anderen die Schlafschafe sind. Das wäre ich in der Tat gerne gewesen - ein schlafendes Schaf auf satter Weide. Wir waren müde und hatten Hunger. Wir kamen drei Stunden später als geplant in Salzburg an, es war längst dunkel, also auch nichts mit Stadtbesichtigung. Aber Döner.

Der erste Zug am andern Morgen hatte Verspätung „Probleme im Betriebsablauf“ - heißt „wir kriegen’s nicht gebacken“. Die App hatte zuvor nichts gemeldet. Schade, sonst hätte man sich etwas Zeit lassen können. Der Zug kam nach einer halben Stunde und war sofort gestopft voll. Immerhin, wir hatten unsere Reservierung für einen Vierertisch. Die sind uns am liebsten, da kann man essen, trinken, malen und auch mal Karten spielen oder dergleichen. Bis wir uns mit Koffern und Rucksäcken durch die Gänge geschoben hatten, saß bereits eine Frau da, mit Sekt und Gebäck, und feierte mit Frauen auf der anderen Gangseite. Ob sie sitzenbleiben könne, fragte sie, ihr eigener Sitz war eine Reihe hinter uns, zwar am Fenster, aber zu weit weg von den Mitfeiernden. Da will man ja nicht so sein. „Genießen Sie’s“, und so durfte sie sitzenbleiben und unser größter Rucksack bekam ihren Fensterplatz. Für solche Frauen ist das Wort „Tussi“ erfunden worden – aufgebrezelt war sie, schmallippig und spitznasig und das ganze Gebaren kantig und hart. Und so klang auch die Erzählung ihrer Kurzbiographie: offenbar befand die Gruppe sich auf einer Art Klassenreise oder so was, eine dieser Veranstaltungen jedenfalls, bei denen man sich im Stakkatostil die wesentlichen Stationen des Werdegangs und des aktuellen Habens und Solls auftischt. Wir packten erstmal Frühstück aus, etwas beengt, aber was soll’s. Richtig eng wurde es erst, als von weiter hinten noch ein Junggesellenabschied kam, die Gruppe „Der Herr der Ringe und Gefährten“. DieTussi hatte sie wohl am Bahnsteig schon kennengelernt, und man hatte vereinbart, sich im Zug zu treffen. Und das geschah nun also an unserem Vierertisch. Der Bub klagte und fand es „komisch“, ich fand’s „grausam“, aber „da müssen wir jetzt durch“. Sekt und „scharfer Hüpfer“, (nicht für uns), Kuchen und Salzstangen, viel Gedöns und Hintern im Genick - bei so was hilft am Ende nur ein Kopfhörer und beruhigende Musik vom Handy. Diese ganze Heiraterei ist vollkommen überbewertet.

Der Anschluss in München war nicht zu bekommen, der Folgezug dort ebenfalls ziemlich voll, und weil die Reservierungen hinfällig waren, war es also wieder nichts mit Vierertisch. Dafür saßen wir getrennt und hintereinander im „Psst!“-Wagen.  

In Stuttgart Unklarheit über den Zug nach Rottweil - welche Uhrzeit, welches Gleis - keine der Angaben passte zur anderen, der Aushang sagte was anderes als die Tafeln, und die anderen als die Aufschrift am Zug selbst, und die App hatte wieder was anderes im Angebot. Wir stiegen in den Zug, auf dem „Rottweil“ stand, sicher ist sicher. Das Mädel wollte nur noch „heim!“, der Bub rieb sich müde die Augen. Und neben uns saß ein Typ, nicht eben eine Leuchte der Gesellschaft, der reden wollte, über Stuttgart 21, über die Politik, „die da oben“, über jedes reale oder aufgebauschte Elend dieses Landes, und er mischte sich in jedes unserer Gespräche ein. Der Bub klagte über das Jucken seiner diversen Wunden – der Kerl wollte wissen, was Sache ist, das Mädel kommentierte die Silhuette der Stadt – er gab seinen Senf dazu. Grundgütiger, da hatte ich auch keinen Nerv mehr drauf. Kopfhörer! Er verkrümelte sich. Und wir kamen später in Rottweil an als der nächste Zug vom Nebengleis, der später gefahren wäre und uns etwas Zeit für einen Imbiss gelassen hätte. Wir hatten Hunger wie die Bären.

Die Kinder waren toll - oder ihre Handy- und Switch-Spiele, wie auch immer. Sie nahmen alles klaglos hin. Und ich erinnerte mich an das Reisen vor einigen Jahrzehnten durch Asien, wo man stundenlang wartete und Hintern an Hintern saß oder Schulter an Schulter stand, alles war laut und die Luft dick vom süßen Dampf der Nelkenzigaretten. Ich hatte die Einheimischen stets bewundert, die alles so gelassen nahmen und stehend an eine Stange geklammert schlafen konnten. Finde ich immer noch klasse. So weit sind wir schon – solche Erinnerungen muss man bemühen, um cool zu bleiben. Wir sind glücklich zu Hause. Aber bei der nächsten Reise überlege ich doppelt. Der Opa hat uns Zeitungen aufgehoben, in einer lese ich nun von Wissing, der der Bahn Druck macht. Das finde ich witzig. Weiß der, dass er deren Chef ist, so eigentlich? So wird das jedenfalls nichts mit einer Verkehrswende und einem gut funktionierenden Fernverkehrsnetz. Und in Einem stimme ich diesem GDL-Chef Weselsky vollumfänglich zu: Man müsste alles leitende Personal der DB, gerne inklusive Verkehrsminister, verpflichten, Ausser-Haus-Termine mit dem Zug wahrzunehmen. 

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