Es sind nun viereinhalb Jahre (Dezember 2017) her, dass sich die Stadt Rottweil für die Landesgartenschau (LGS) beworben hat. Die starken Bemühungen der Stadt, des Gemeinderates, der regionalen Initiativen und die Bürgerbeteiligungen hatten sich gelohnt. Das Konzept mit dem Titel "Höher. Grüner. Weiter." hatte damals eine Kommission des Landes Baden-Württemberg überzeugt. Nun wurde ein landschaftsarchitektonischer Wettbewerb ausgelobt. 25 Landschaftsarchitekturbüros - zwei sogar aus China - hatten ihre Konzepte eingereicht.
15 Preisrichter (8 Landschaftsarchitekten und 7 Vertreter des Gemeinderates) haben sich jetzt für ein Konzept entschieden. Damit nimmt das Gesicht der LGS konkretere Formen an.
Den Zuschlag erhält das Büro A24 Landschaft aus Berlin.
Hinter deren Konzept stecken nicht weniger als zwei Monate intensive Planungszeit, ohne die Gewissheit, den Auftrag auch zu erhalten. Doch das Büro ist zweifellos kein Neuling, was die Planung und Durchführung von Landesgartenschauen oder die Umgestaltung städtischer Bereiche betrifft. So gründete sich die Firma 2007 aus dem Zuschlag zur LSG Schwäbisch Gmünd (durchgeführt 2014 - sogar mit einem Besucherrekord) heraus. Weitere wie in Landau und Bad Iburg folgten. 2020 erhielten Sie den Deutschen Städtebaupreis.
"Der Kern der Aufgabe war, die Stadt mit der Landschaft zu verbinden und die Eigenheiten zu verstärken", so Inhaber Jan Grimmek, "dabei die komplexe Topografie (Anmerkung der Redaktion: mit den deutlichen Höhenunterschieden) zu berücksichtigen".
Wichtig war es ihm, das Konzept aus der Stadt heraus zu entwickeln und ein Panorama Neckartal entlang der historischen Stadtmauer zu schaffen. Die barrierefreie Anbindung an die Hochbrücke gehöre genauso dazu wie die Panoramapromenade, eine leicht erhöhten Terrasse, offene Streuobstwiesen und ein Feuchtbiotop, welches über einen Steg erreicht werden kann. Das bisherige Wasserkraftwerk solle zum Gastronomiestandort umfunktioniert werden.
Unterhalb des Viadukts soll - mit Fuß- und Radweg - ein urbaner Ort am Rande der Stadt entstehen. Ein klassischer Volkspark für das Alltägliche - mit angedockter Ringbahn.
Verschiedene Rundwege - bis hinein in den Stadtgraben, dem offiziellen Eingang der Landesgartenschau (LGS), mitsamt einer neuen Bühne, auch ein Ort für Veranstaltungen. Viele Felsen, üppige Pflanzen, vom Wasser begleitet - das zeichne das Konzept ebenfalls aus. Für die Schaffung von Sporteinrichtigungen, wie z.B. einer Boulder-Wand, greife man in die Topografie in Form von Schutzwänden ein. Dazu soll Rottweil einen Neckarstrand bekommen.
Hierzu finden Sie unten die Planzeichnungen mit kurzer Beschreibung. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei nur um Entwürfe, nicht um die endgültige Umsetzungsplanung handelt.
Einen persönlichen Lieblingsplatz hat Jan Grimmek auch: Ein Platz am Ende der geplanten Brücke mit Blick auf die historische Altstadt.
Oberbürgermeister Ralf Broß begründet die Entscheidung für A24 Landschaft, dass diese die Ideen und Vorstellungen umgesetzt haben: Die Gestaltung des Geländes sei nicht nur für das eine Jahr ausgelegt. Die Barrierefreiheit, Steigerung der Aufenthaltsqualität, Wegekonzept ist der Topografie angepasst. Der Blick wird nicht durch Baukörper unterbrochen.
Die Überquerung der Bahn mittels Brücke und die wasserökologische Umgestaltung passt.
Letzteres sei auch ein kommunalpolitisches Entscheidungskriterium. Den natürlichen Flusslauf wiederherzustellen, statt Teil des Neckars aufzustauen sei mit den Umweltverbänden abgestimmt.
Ein Umbau der Bahnhofsunterführung hätte zudem weitaus höhere Kosten verursacht.
Lediglich die Aufzüge an der Hochbrücke und am Viadukt müssten aus seiner Sicht baulich zurückgesetzt werden und sei ein Punkt im Gemeinderat.
Für den Bau der im Konzept aufgeführten Brücke sei ein eingeständiger Wettbewerb geplant, ergänzt Bürgermeister Dr. Christian Ruf.
Deutlich wird auch, dass das Gewinner-Büro nicht jeden einzelnen Zentimeter verplant hat und Freiräume geschaffen hat, um nachträgliche und individuelle Wünsche aus dem Gemeinderat sowie Bürgerschaft umzusetzen. So sollen die im Bürgerworkshop "Bring es auf den Punkt" erarbeiteten Aspekte integriert werden, soweit diese nicht schon im Konzept enthalten sind.
Das Neckartal selbst ist nicht in die Planung einbezogen, da es auch nicht Teil des Ausstellungsgeländes sein wird.
Die Anbindung des Radwegenetzes - entlang des Neckars - ist berücksichtigt.
Man sehe in der Gesamtkonzeption zur LGS 2028, in der auch die Mobilität eine wichtige Rolle spielt, einen positiven Schritt hinsichtlich attraktiver Fuß- und Radwege.
Dietrich Koch, Minister für den ländlichen Raum, lobte die Professionalität des Preisgerichtes. Deren Entscheidung sei ein wichtiger Schritt zur Landesgartenschau. Dem Büro A24 Landschaft sei es gelungen, die ortstypischen Gegebenheiten zu berücksichtigen und Freiräume zu schaffen.
Das Konzept sei, so Broß, erst einmal nur eine Diskussionsgrundlage für weitere Gespräche und werde mit dem Gemeinderat abgestimmt.
Der Gemeinderat wird in den kommenden Tagen über die Umsetzung des Gewinnervorschlages abstimmen, was ein übliches Prozedere ist.
Mit der vor schon vor vier Jahren durchgeführten Aktion "Bring es auf den Punkt" sollen die Wünsche aus der Bürgerschaft auf dem Gelände der Landesgartenschau Platz finden.
Die baulich erforderlichen Baumaßnahmen werden öffentlich ausgeschrieben, ebenso die Belegung der gastronomischen Flächen. Es ist eine Bewirtung innerhalb des ehemaligen ENRW-Gebäudes auch nach der Landesgartenschau geplant. Es sei durchaus denkbar, dass das Gebäude, welches der Stadt Rottweil gehört, an einen Gastronomie-Betrieb verkauft werden.
Der nun gekürte Gewinner übernimmt üblicherweise die Bauleitung.
Die Stadt bleibt federführend.
2023 soll der Spatenstich erfolgen.
Im Frühjahr 2028 soll die Landesgartenschau eröffnet werden.
"Rottweil a.N. am Neckar - doch gehörte der Fluß nicht wirklich zu Rottweil." findet Kerstin Winandi, die das Projekt der LSG von Anfang an begleitet. Und damit hat sie vollkommen Recht. Das Gelände nordöstlich des Neckars, das Teil der künftigen LGS wird, ist selbst den Rottweilern kaum bekannt und wird nur selten genutzt.
Die baulichen Maßnahmen im Rahmen der Landesgartenschau wird die Lebensqualität und die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und Erholung deutlich steigern. Mit dem Konzept wird die historische Stadt als Blickpunkt gekonnt in Szene gesetzt. Landschaft und Wasser stehen im Vordergrund, keine baulichen Einrichtungen, die hohe Folgekosten produzieren könnten. Die geplante Brücke verbindet dezent die Innenstadt mit dem neuen Grün und ist gleichzeitig Aussichtspunkt, was der einzigartigen Topographie zu verdanken ist.
Dass die geschaffenen Flächen aus den Landesgartenschauen auch viele Jahre oder gar Jahrzehnte eine Aufwertung für die Stadt darstellen, zeigt sich z.B. an Villingen-Schwenningen (2010, Neuer Neckarpark) und Freiburg (1986, Seepark), dessen ehemaliges LGS-Gelände noch heute beliebte Treffpunkte und Ausflugsziele sind.
Einen wunden Punkt haben wir im Gespräch mit Oberbürgermeister Broß dennoch getroffen: Es fällt ihm sichtlich schwer, die LGS nicht bis zum Ende begleiten zu können. Denn im November scheidet er als Oberbürgermeister aus und tritt als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Baden-Württembergischen Städtetags an. Doch eins sei sicher: Eine Dauerkarte, um die Landesgartenschau genießen zu können.
Die offizielle Webseite zur Landesgartenschau 2028 in Rottweil: rw2028.de
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