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Pater Siegfried Neubrand: Prägend für die Auferstehung Christi-Gemeinde

Den Geist des zweiten Vatikanums gelebt

Der kürzlich verstorbene Eucharistinerpater Siegfried Neubrand war prägend für die Auferstehung Christi-Gemeinde, in der er 20 Jahre tätig war. Die Gemeinde, die damals noch ganz neu war und, ausgerichtet auf das zweite Vatikanische Konzil, viele neue Maßstäbe setzte: Hier durften Mädchen ministrieren, Frauen am Ambo lesen und die Kommunion austeilen. Weihrauchfass, hinknien und den Rosenkranz beten, das gab es lange Zeit nicht in der Betonkirche, wo die Gemeinde im Halbrund um den Altar sitzt. Hier gab es erstmals Einheitsgewänder für Kommunionkinder, was sich bald in anderen Gemeinden durchsetzte.

Pater Siegfried Neubrand

Wenn man an ihn, den ersten Pfarrer der Auferstehung-Christi-Gemeinde, erinnern möchte, muss man das Innere des Kirchenraumes auf sich wirken lassen. So wie dieser Raum ein stein- beziehungsweise beton-gewordenes Zeugnis des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde, so ist es diesem Eucharistinerpater zu verdanken, dass eine Gemeinde entstehen konnte, die den zentralen Gedanken des Konzils, nämlich den des wandernden Gottesvolkes, das in seiner Offenheit und den Mut zur Neuorientierung immer in Bewegung ist, aber nie die Begleitung und Führung Gottes dabei vergisst. Siegfried Neubrand war sozusagen ein Abgesandter des pfingstlichen Aufbruchs und hat das in vielen Diensten und Aufgaben lebendig werden lassen, zu denen auch die Handkommunion oder die von zufällig ausgesuchten Kirchenbesuchern gelesenen Fürbitten gehörten. Seine Predigten ließen den neuen Geist erkennen, er konnte auch mit Humor eigene Fehler eingestehen und seine „Schäfchen“ in ihren Eigenarten stehenlassen.

Siegfried Neubrand lebte die Ideen des zweiten Vatikanums, der Gedanke einer Kirche für die Gläubigen, in der alle willkommen waren, egal woher sie kamen und welche Hautfarbe oder Religion sie hatten, auch wiederverheiratete Geschiedene, denen er selbstverständlich die Kommunion gab. Er gab sie auch bei Hausgottesdiensten, die unter anderem im Haus der Familie von Künstler Siegfried Haas stattfanden, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband. Eine Gemeindefahrt nach Taizé Anfang der 1970er-Jahre basierte auch auf der Freundschaft mit Frère Roger Schutz, dem Gründer des für alle Religionen offenen Wallfahrtsorts im Burgund.

Kirche so offen und modern zu gestalten, das war nicht immer einfach für Siegfried Neubrand, denn die Kritik war laut, sie kam nicht nur aus der benachbarten Münstergemeinde, sondern auch aus Rottenburg und dem Vatikan. Ein Aritkel im L’Osservatore Romano schmähte die Vorgänge in der modernen Kirche auf dem Berg. In der die Band Steinwolke ihre ersten Auftritte hatte, in der indische Musiker spielten, in der Kinder während der Familiengottesdienste den Altar umringten und von Siegfried Neubrand mit dem Mikrofon in der Hand um ihre Ideen zum Evangelium befragt wurden. In der es auch mal Luftballons oder Bonbons für die Kleinen gab, in der sogar ein Hund, der auf der Suche nach seiner Familie zu ihm kam, begrüßt wurde. Pater Neubrand ließ auch den Jugendlichen die Freiheit, ihre Gottesdienste so zu gestalten, wie sie es wollten.

Offen für alles Moderne und die Kunst, gestaltete er den Neubau des Eucharistinerklosters am Krummen Weg mit. Hier hielt er gerne Gottesdienste in der Kapelle, die den Geist des Vatikanums wiederspiegelte: Die Besucher kamen von oben, setzten sich auf die Sitzstufen, die zum Altar hinunterführten. Eine Kapelle, die mit dem Abriss des Gebäudes 2001 verschwand.

Siegfried Neubrand, ein bescheidener Mann, dessen kleiner Luxus die Zigarettenspitze war, mit der er vor den Gottesdiensten in der Rumpelkammer der Sakristei sein „Rauchopfer“ brachte, und ein mutiger Mann, der anlässlich des Skandals um Hans Küng seine Predigt darauf ausrichtete. Küng war die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen worden, da er die Unfehlbarkeit des Papstes in Zweifel gezogen hatte. Das Gute setze sich durch, das Schlechte werde vergehen, so Neubrands Tenor im Blick auf die vielen kirchlichen Jahrhunderte. Er bekam großen Beifall der Gemeinde.

Siegfried Neubrand wurde 1935 in Tuttlingen geboren, 1957 legte er seine Profess als Eucharistiner ab. Von 1956 bis 1958 studierte er Philosophie im schweizerischen Fribourg, anschließend bis 1962 in Rom Theologie, wo er am 23. Dezember 1961 zum Priester geweiht wurde.

Pater Siegfried Neubrand

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