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Hubert Nowack: Erst Wanderschaft, dann Leidenschaft fürs Neckartal

In Ungarn hinterm eisernen Vorhang gelernt und gebaut
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Zimmermeister Hubert Nowack zeigt seinen Wandergesellen auch alte Handwerkskunst.

Eigentlich wollte Hubert Nowack ja Förster werden. Aber dann fand er keinen Ausbildungsplatz. "Ich hab dann eines nachts geträumt, dass ich Zimmermann werde. Am nächsten Tag bin ich los und hatte die Lehrstelle." Heute ist Nowack Inhaber seines eigenen Betriebs, doch bis dahin war es im buchstäblichen Sinn ein weiter Weg.

Denn nach der Ausbildung ging Nowack, seines Zeichens Innungssieger, auf die Walz und blieb viele Jahre weg von zuhause. Im tiefsten Winter zog er los, erinnert sich der heute 59-Jährige, dann ging es an der damals noch innerdeutschen Grenze entlang und schließlich nach Österreich und dann nach Ungarn - damals noch ein Land hinter dem eisernen Vorhang. Dort lernte Nowack den späteren Staatsarchitekten Imre Makovecz kennen und seine eigenwillige Art, mit Holz zu bauen. "Das hat mich sehr inspiriert", erzählt der Zimmermann: Organische Strukturen, Baumstämme, die fast unbehauen verwendet werden, "ich wollte was für ihn bauen." Zusammen mit anderen Wandergesellen entstand so ein Gemeinschaftshaus für ein Dorf, das eigentlich kein Geld hatte.

So arbeiten die etwa 40 Handwerker aus aller Herren Länder für Kost und Logis und umgerechnet 400 Mark im Monat. "Der Busfahrer brachte uns die Henkelmänner mit dem Essen aus der Kolchosenkantine und einmal die Woche das Geld", erinnert sich Nowack. Das Gemeinschaftshaus bekam eine Doppel-Kuppel - eine echte Herausforderung, denn das meiste musste von Hand gemacht werden. "Wir hatten nur eine Kreissäge", später baute jemand eine Hobelmaschine, "die hatten den Wert von zwei Trabis!" Und das kleine Modell des Gebäudes war nur ein halbes, das mit einem Spiegel vervollständigt wurde. Die Arbeit in Ungarn hat Hubert Nowack sehr stark beeinflusst, wie er erzählt. "Es hat mir die Freiheit in der Gestaltung und Formengebung vermittelt."

Zurück aus Ungarn, wanderte Nowack nach Norddeutschland, arbeitete in Schleswig-Holstein. "Wir haben eine abgebrannte alte Wirtschaft wieder aufgebaut." Und das mit traditionellen Handwerksmethoden, "dafür haben wir unser gesamtes Wissen abgerufen" Aber das Wetter im Norden gefiel ihm nicht, also ging es wieder in den Süden, in die Schweiz zunächst, später dann folgte die Meisterschule in Karlsruhe und der eigene Betrieb. Dass der zu einem der ersten im heute blühenden Gewerbepark Neckartal wurde, ist einer Party bei einem Wander-Kollegen zu verdanken, der dort wohnte. "Als ich am nächsten Morgen mit dem Motorrad durchgefahren bin, dachte ich: Das ist es." Die Sonne schien an dem Morgen in die frühere Pulverfabrik, und dann war auch noch ein Cowboy- und Indianerlager bei den Schützen hinten, „ich bin gleich in ihren Saloon eingeladen worden!" Also mietete Nowack eine der leeren Hallen und lernte schließlich Ute Bott kennen, die hier unten eine Geigenschule betrieb. Die beiden heirateten und bekamen zwei Töchter, kauften eines der alten Gebäude und bauten es zu ihrem Wohnhaus samt Geigenschule um.

Damals war es noch ziemlich dunkel im Neckartal, da alles zugewachsen war. Die einzigen Nachbarn waren Flüchtlinge aus dem Kosovo, die im Gebäude nebenan untergebracht waren. Doch nach und nach füllte sich das Tal, mehr und mehr Gebäude wurden renoviert oder auch abgerissen. Vor zehn Jahren entschied sich Nowack, ein weiteres, stark renovierungsbedürftiges Fabrikgebäude zu kaufen, "das Dach war fast eingefallen, es war marode und vernachlässigt bis zum Gehtnichtmehr", erinnert sich der 59-Jährige. Und freut sich zugleich: "Jetzt haben wir zwei Industriedenkmale vor dem Verfall gerettet, und das gänzlich ohne Zuschüsse." Baustellen hat Nowack allerdings nach wie vor, seine eigene, denn das Gebäude ist noch lange nicht fertig, dazu derzeit ein alter Schwarzwaldhof am Schluchsee. Und eine in St. Peter Ording, wo eine Balkonanlage mit seinem patentierten Verbinder renoviert wird. Den hat er vor einigen Jahren entwickelt, er sorgt dafür, dass die Hölzer auf Distanz gehalten werden und so länger halten, damit wurde kürzlich auch ein großer Aussichtsturm in der Nähe von Frankfurt hergerichtet.

Zwischen den Baustellen nimmt Hubert Nowack sich Zeit, seinen Wandergesellen die alte Handwerkskunst beizubringen: Wie man zum Beispiel nur mit einem Beil aus einem Baumstamm einen eckigen Balken haut. Und sich dabei möglichst nicht in den Fuß hackt. Aber manchmal bleibt auch Zeit für etwas Kunst. Vor einigen Jahren machte er für die Göllsdorfer einen hölzernen sprechenden Rübengeist, aus dem die Stimme von Egon Rieble zu hören war. Sein aktuelles Projekt ist ein Gedenkort für Opfer von Rassismus aus geschwärztem Holz. Das Modell ist bereits fertig, jetzt fehlt nur noch der Ort, wo es aufgestellt werden kann. Und so ganz nebenbei ist Nowack auch noch Politiker: Seit vielen Jahren engagiert er sich bei den Grünen, sitzt seit zehn Jahren im Gemeinderat, im Kreistag und ist Ersatzkandidat für die Landtagswahl im März.

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