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Proben, proben, proben: Das Zimmertheater im Lockdown

Sechs Stücke warten auf die Aufführung
copyright Zimmertheater Rottweil

Was tun, wenn man nicht auftreten darf? Das Team vom Zimmertheater hat sich dazu entschieden, in diesen Zeiten volle Kanne zu proben, und das gleich für sechs Stücke. Die Zuschauer dürfen sich also jetzt schon mal auf ein echtes Theater-Feuerwerk freuen.

Ronja Räubertochter ist es, was Nora Kühnlein und Stephan Müller gerade proben. „Zum Donnertrummel“, ruft Ronja ihrem Freund Birk zu, der als Puppe mitspielt, passenderweise von Regula Birk geschnitzt, „du bist ein Hosenschisser!“ Die schöne Geschichte von Astrid Lindgren sollte eigentlich das Weihnachtsstück sein, dann wäre es etwa 40 Mal aufgeführt worden. Nun proben die beiden eben weiter und warten zusammen mit den Intendanten Bettina Schültke und Peter Staatsmann sowie den Kollegen sehnsüchtig darauf, endlich wieder vor Publikum spielen zu können. Coronatechnisch ist es kein Problem, da Nora und Stephan ein Haushalt sind. Auch „Atmen“, das Stück, das zwischen den beiden Lockdowns tatsächlich Premiere in der Stallhalle feiern konnte, wird weiter geprobt, kürzlich auch aufgeführt: Zwei der Kollegen hatten es noch nicht gesehen, so hatten die beiden tatsächlich Publikum. „Wir müssen es ja ab und zu auch spielen, sonst verliert es sich“, sagt Bettina Schültke. Also ein richtiger Durchlauf: Durchsprechprobe, technischer Durchlauf, Musik, Generalprobe und die Aufführung. Auch der Kleist‘sche Prinz von Homburg ist fertig durchgeprobt, eine völlig ungewohnte Situation für Intendanz und Schauspieler: Normalerweise proben sie für ein Stück, führen es auf und schließen ab damit. Nun müssen sie mehrere Rollen gleichzeitig abspeichern. Das belastet genauso wie die Tatsache, dass man eben nicht vor Publikum spielen darf. Für Schauspieler und Intendanz eine große Belastung, „alles ist so abstrakt. Wir wollen raus, wollen Zuschauer“, sagt Peter Staatsmann.
 
In vielen Besprechungen versucht das Team, diese Belastung in den Griff zu bekommen. Dabei hat das Zimmertheater eigentlich noch Glück im Unglück gehabt: Im Frühjahr, vor dem Lockdown, gab es drei Aufführungen des Stücks „Die bessere Hälfte…der Familie“. Immerhin, „aber das war trotzdem bitter, wir konnten es nicht wie gewohnt abschließen“, erzählt Peter Staatsmann. Das Sommertheater fand unter entsprechenden Bedingungen statt, drei Frauenpower-Stücke waren zu sehen, darunter sogar eine Uraufführung, „die Leute fanden das gut, dass wir gleich losgeballert haben“, erzählt Bettina Schültke, und der Hunger nach Kultur war groß. Dann die Stücke in der Stallhalle im Herbst, ebenfalls mit weit auseinandersitzendem Publikum, das am Ende auch während der Aufführungen Masken trug. „Das Interesse war riesig!“, die Stallhalle absolut geeignet, „das hätte man machen können, eben nur mit 50 Zuschauern“, sagt die Intendantin. Trotzdem musste man zumachen.
 
Und nun wühlt sich Bettina Schültke mit ihren Mitarbeitern im kleinen Büro durch den Dschungel der Zuschüsse. Immerhin bekommen die vier fest angestellten Schauspieler Kurzarbeitergeld, die ohne Vertrag haben Pech. „Wir telefonieren viel mir ihnen. Manche sind echt verloren und fallen durch alle Raster, manche schlagen sich ganz gut durch“, weiß Bettina Schültke. „Und die Verwaltungsarbeit, das ist echt die Hölle. Wir müssen Listen führen, wer wann arbeitet. Fürs Land müssen wir Finanzpläne machen, dann gibt es neue Fördermöglichkeiten vom Bund. Wir haben für einen eine ganze Woche gebraucht, um die Unterlagen zusammenzustellen.“ Teils seien die Kriterien für eine Förderung auch völlig unklar. „Wir als Privattheater haben normalerweise eine hohe Eigenfinanzierung durch Eintritte.“ Die jetzt völlig wegfallen.
 
Wie manche große Theater die Stücke digital zu zeigen, das ist für das Zimmertheater keine Option. Für eine gute Filmaufnahme bräuchte es ein richtiges Filmteam, mehrere Kameras, Leute, die professionell schneiden, „das haben wir nicht.“ Und unprofessionell gemachte Aufnahmen zu zeigen, das würde eher nach hinten losgehen, ist man sich einig. „Außerdem müssten wir uns dann entscheiden, ob wir proben oder filmen“, betont Peter Staatsmann. Sie haben sich fürs Proben entschieden und hoffen nun darauf, möglichst bald spielen zu können. Dann gibt es neben Ronja Räubertochter und dem Prinz von Homburg Molières Menschenfeind zu sehen, dazu das kunstseidene Mädchen, Atmen und Nathan der Weise.
 
Und dann wird es auch wieder eine Uraufführung geben: Das Team arbeitet an einem Stück über Menschen aus der Region, die ein besonderes Schicksal erlitten und Krisen bewältigt haben.


Zimmertheater Rottweil
Friedrichsplatz 2
78628 Rottweil

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